Der Blues Feelin so Black and Blue? Janis Joplin Grenzgänge einer Rockpionierin Das Kalenderblatt 6.6.1727 Händels "Rival Queens" Von Simon Demmelhuber . Der Blues - Feelin so Black and Blue? Autor: Markus Mähner / Regie: Martin Trauner Er ist die Mutter der Pop- und Rockmusik: Der Blues. Ende des 19. Jahrhunderts im Süden der Vereinigten Staaten aus afrikanischen, europäischen und karibischen Musikelementen entstanden, tritt der Blues im frühen 20. Jahrhundert seines Siegeszug durch die gesamte Musikgeschichte an und beeinflusst nicht nur den Jazz, den Rock-n-Roll oder die Soulmusik. Auch Hardrock, HipHop und teils sogar klassische Musik sind von ihm beeinflusst. Doch was macht den Blues eigentlich aus? Muss der Bluesmusiker immer schwarz und männlich sein, alleine und traurig an der Straßenkreuzung mit seiner Gitarre stehen um dort auf den Teufel zu warten, dem er seine Seele verkauft hat? Ist Blues ohne Arbeit auf den Baumwollfeldern des Mississippi-Deltas überhaupt möglich? Oder ist dies eine Vorstellung, die lediglich auf einer Projektion von weißen Europäern beruht? Erstsendung 20. September 2016 Janis Joplin - Grenzgänge einer Rockpionierin Autorin: Lena Himmler / Regie: Kirsten Böttcher Janis Joplin - mit einer Stimme wie ihrer hatte das Publikum in den späten 1960er-Jahren nicht gerechnet. Sie kann auf der Bühne geradezu explodieren oder in ihren Liedern versinken. Eine Blitzkarriere in nur vier Jahren macht aus einem unangepassten Mädchen von nebenan einen Weltstar. In den 1950er- und 60er-Jahren ist Janis Joplin eine Grenzgängerin: Als weißes Mädchen, das in Zeiten der Rassentrennung im erzkonservativen Texas aufwächst, interessiert sie sich für den afroamerikanischen Blues. Sie ist gegen Rassentrennung, für Gleichberechtigung. Sie entdeckt ihr Talent, Blues zu singen und überträgt es in die Rockmusik. Als eine der ersten Frauen in der Rock-Musik hat sie es nicht leicht, doch die rigiden Geschlechterrollen der Zeit scheinen sie nicht aufzuhalten: In San Francisco lebt sie - genau wie ihre männlichen Kollegen - den wilden Lebensstil "Sex, Drogen und Rock "n" Roll". Doch der Song "Buried Alive in the Blues" von ihrem letzten Album Pearl wird ihr Vermächtnis: 1970 stirbt sie mit nur 27 Jahren an einer Überdosis Heroin. Wie Jimi Hendrix und Jim Morrison wird Janis Joplin zu einer Legende werden. Ihr musikalisches Erbe und ihr Ausdruck von weiblichem Schmerz sollten noch viele Musikerinnen beeinflussen. Erstsendung 3. März 2020 Moderation: Katharina Hübel Redaktion: Nicole Ruchlak
Groschenhefte Trivialer Schund in Serie Friederike Kempner Schlesische Meisterin der unfreiwilligen Komik Das Kalenderblatt 6.6.1727 Händels "Rival Queens" Von Simon Demmelhuber . Groschenhefte - trivialer Schund in Serie Autor und Regie: Frank Halbach Groschenhefte - seit über einem Jahrhundert finden sie begeisterte Leser in Form von Schicksals-, Heimat-, Kriminal-, Science-Fiction-, Fantasy-, Horror- und Wildwestromanen. Genau so lang wurden diese Heftromane von besorgten Pädagogen und wütenden Zensurbehörden schon als "Schund- und Schmutzliteratur" bekämpft, als Trivialliteratur, verdummend und jugendgefährdend abgeurteilt. Einige der geschmähten Heftreihen sind heute mittlerweile begehrte Sammlerobjekte, manche ihrer Figuren wie zum Beispiel Science-Fiction-Star Perry Rhodan von ihren Fans auf Conventions kultisch verehrte Helden. Die Textuniversen der Groschenhefte bieten sowohl Weltenflucht im Wohnzimmersessel als auch sich immer wieder erneuernde Formen und Erzählordnungen, deren Impulse dankend von neuen Medien wie Streamingdiensten aufgenommen werden. Noch haben sie den Kampf um Bahnhofsbuchhandel und Kioske nicht aufgegeben: Groschenhefte - eine Never Ending Story. Friederike Kempner - Schlesische Meisterin der unfreiwilligen Komik Autor: Thomas Morawetz / Regie: Martin Trauner "Besessen ist die Welt / Von Eigennutz und Geld, / Und alles zum - / Verzweifeln dumm!" Das Publikum schlug sich auf die Schenkel vor Vergnügen und hielt sich die Bäuche vor Lachen, wenn Friederike Kempner mit einem neuen Gedichtband aufwartete. 1828 wird sie in der damaligen preußischen Provinz Posen geboren. Die Familie hält einiges auf sich, umso mehr ist die Verwandtschaft geschockt, als Friederike Kempner anfängt, zu dichten, in aller Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit. Ganze Auflagen von Friederikes Gedichten kauft die Familie, um die Peinlichkeit von ihr abzuwehren. Daneben setzt sich Friederike Kempner auch gegen die Todesstrafe ein, gegen Einzelhaft - und für Leichenhäuser als Mittel gegen die Angst, versehentlich lebendig begraben zu werden. Doch ihr großes Vermächtnis, ist ihre großartige unfreiwillige Komik. Schon zu ihren Lebzeiten hat sie das begeisterte Publikum animiert, sie zu parodieren und in ihrem Sinne weiter zu dichten. Lange hielt man einige der schrägsten Stilblüten und Metaphern für ihre eigenen. Friederike selbst nannte sich den "Schlesischen Schwan" und sah sich in einer Linie mit Goethe und Schiller. Tatsächlich setzt Friederike die Große zwar nicht die Weimarer Klassik fort, wohl aber ist sie selbst zur Stammmutter der schrägen Lyrik geworden, die große Geister bis Heinz Erhard und Robert Gernhardt nach sich zog. Erstsendung 12. Februar 2016 Moderation: Katharina Hübel Redaktion: Susanne Poelchau
Linglong Schmutzige Reifen für Europa Von Zoran Solomun Regie: Friederike Wigger Produktion: Deutschlandfunk 2023 Im serbischen Zrenjanin baut ein chinesischer Konzern die größte Reifenfabrik Europas. Die Hauptabnehmer: Renault und Vokswagen. Umwelt- und Sozialauflagen werden grob missachtet. Die Investoren hatten Arbeitsplätze für die Region versprochen. Doch im Winter 2021 entdeckte eine Journalistin auf der Baustelle der chinesischen Reifenfabrik "Linglong" zwei Baracken, in denen 500 Arbeiter aus Vietnam als Arbeitssklaven lebten. Diese Nachricht war der Beginn einer Geschichte von skrupelloser Ausbeutung und Korruption. Bald sollen hier jährlich 14 Millionen Reifen für den europäischen Markt vom Band laufen. Für die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards interessierte sich bislang niemand. Das Lieferkettengesetz ist Makulatur - mitten in Europa. Linglong
Chancengleichheit? Fehlanzeige! Schulbildung für kranke Kinder Von Dorothea Brummerloh Es macht einen Unterschied, ob jemand in den USA, in Afghanistan oder der Schweiz geboren ist. Dieser Unterschied ist von niemandem behebbar. Es macht aber auch einen Unterschied, ob ein Kind in Bayern, Hessen oder Niedersachsen geboren ist. Erkrankt man eventuell psychisch oder chronisch somatisch, kann die schulische Entwicklung in den Bundesländern sehr unterschiedlich verlaufen. Denn in Deutschland gibt es viele Systeme, diese erkrankten Mädchen und Jungen zu beschulen. So werden in Niedersachsen Lehrkräften aus umliegenden Schulen abgeordnet, während es in Hamburg ein breitgefächertes Angebot an schulischer Unterstützung und Begleitung erkrankter Lernender gibt. Ein gleiches Recht auf Pädagogik bei Krankheit gibt es in Deutschland flächendeckend nicht.
Bescheidene Verhältnisse Vom Schreiben in Schichten Von Tabea Soergel und Martin Becker NDR 2023 Sitzt die Herkunft immer mit am Schreibtisch? Woher nimmt man nach der Schicht auf dem Gabelstapler noch die Kraft für Poesie? "Bescheidene Verhältnisse" beschäftigt sich mit bescheidenen Verhältnissen. Und was man daraus macht. Elisa Aseva schreibt nur zwischen und nach ihren Schichten und hat ein eigenes Genre daraus gemacht. Dinçer Güçyeter ist erfolgreicher Verleger, erfolgreicher Lyriker - und erfolgreicher Staplerfahrer. Jens Eisel fing während seiner Ausbildung zum Schlosser an zu lesen - und verdingte sich später als Hafenarbeiter. Aber schreiben Arbeiter*innen wirklich anders? Eine Begegnung mit zeitgenössischer Akkordarbeit in streng getakteten Schichten. Download unter ndr.de/radiokunst, in der NDR Feature Box und in der ARD Audiothek. 20:00 - 20:03 Uhr Nachrichten, Wetter Feature
Monument für eine Stimme Von Lou Brouwers Regie: der Autor Mit: Veronika Bachfischer, Daniel Minetti, Cornelia Schönwald, Max Urlacher, Alexander Ebeert Ton: Alexander Brennecke Produktion: Deutschlandfunk Kultur 2023 Länge: 54"30 (Ursendung) Die russische Autorin Nadeschda Mandelstam rettete auf einzigartige Weise viele Gedichte ihres verstorbenen Mannes Ossip Mandelstam vor dem Vergessen und vor der Beschlagnahmung: Sie lernte sie auswendig. Ein akustisches Denkmal. Der russische Dichter Ossip Mandelstam starb 1938 im Alter von 47 Jahren in einem Lager Stalins. Nach seinem Tod erlebte seine Ehefrau Nadeschda auf einer 30-jährigen Odyssee durch die Sowjetunion viele Hausdurchsuchungen. Man wollte die verbotenen Gedichte finden - und vernichten. Es gab nur eine Möglichkeit, sie zu retten: sie auswendig zu lernen. Sogar nachts sagte Nadeschda Mandelstam oft die Gedichte laut vor sich her, aus Angst sie zu vergessen. Schlaflose Nächte voller Stimmen. Das Feature rekonstruiert ihr Leben. Im Zentrum steht ein Fund aus einem niederländischen Archiv von 1973 - eine Aufzeichnung ihrer Stimme, der in dieser Sendung ein Denkmal gesetzt wird. Ende Dezember 1980 starb Nadeschda Mandelstam 81-jährig in Moskau. Der Biograph Ralph Dutli schreibt: "Ihr Begräbnis am 2. Januar 1981 auf dem alten Trojekurowskoje-Friedhof beim Moskauer Vorort Kunzewo wurde zur stillen, trotzigen Manifestation vorwiegend junger Russen. Aber auch Spitzel und KGB-Agenten waren zugegen. Eine Bestattung auf dem zentralen Wagankowo-Friedhof war von der Staatssicherheit untersagt worden, die befürchtete, Nadeschda Mandelstams Grab könnte zur Wallfahrtsstätte werden. Die Bestattung in Kunzewo war im Bewusstsein der Anwesenden auch eine Gedenkfeier für den im Wladiwostoker Massengrab verscharrten Dichter. (...) Beim Leichenmahl legte die Woronescher Freundin Natascha Stempel ihre Scheu ab und sprach in ruhigen Worten über das Glück ihrer Begegnung mit den Mandelstams. Dann kam es zu einem bewegenden Moment. Ohne Aufforderung stand einer nach dem anderen auf und rezitierte auswendig Gedichte Mandelstams. Natascha Stempel in ihren Erinnerungen: "Und vor den aufgewühlten, vom völlig unerwarteten Geschehen bestürzten Zuhörern erstand in seiner Größe der Dichter Ossip Mandelstam. Wahrscheinlich hat es noch nie ein solch inspiriertes literarisches Porträt gegeben, das erklang wie ein Requiem. Und schon gab es keinen Tod und keinen Kummer mehr. Welch überwältigende Kraft der Poesie!" Lou Brouwers, geboren 1947 in Valkenburg bei Maastricht, Autor, Journalist, Filmemacher, lebt seit 1984 in Berlin. Zuletzt: "Krieg im Kopf" (DKultur 2016), ein Feature über Kriegsveteranen, und "Friedrichroda - Brüssel - New York. Toots Thielemans und der Klang der Melancholie" (Deutschlandfunk 2018). Die Schriftstellerin Nadeschda Mandelstam Monument für eine Stimme